Wie ein Perspektivwechsel euch neuen Aufschwung in euren Teams, eurer Organisation und bei euch selbst geben kann!
Machen wir Scrum?
Eine gedankenlose Frage, oder? Wahrscheinlich habt ihr Scrum Teams besetzt, führt die Events durch und habt eure Definitionen aufgestellt. Doch macht ihr Scrum oder führt ihr es nur durch? Die Prozessverliebtheit eines Scrum Masters oder Agile Coach wird hier durchdringen und schreien: „Natürlich machen wir Scrum!“ Aber inwiefern unterstützen die Tools und Prozesse den Menschen? Oder hat sich der Mensch den Tools und den Prozessen versklavt? Eine Fangfrage, weil:
Scrum unterstützt die Menschen, indem es Prozesse aufstellt und Verantwortlichkeiten bestimmt.
und
Der Mensch hält sich als Wesen gerne an Regeln und Prozesse, um automatisiert seine Arbeit zu leisten und problemlos zu Ergebnissen zu kommen.
Da scheint doch alles klar zu sein!
Oder?
Prozessautomatisierungen machen träge
Ihr trefft euch zum Daily, ihr besprecht am Board die Tickets und wenn ihr remote arbeitet, dann klickt ihr die Namensfilter im Board an, damit jeder von seiner Arbeit erzählt. Das Planning läuft reibungslos, in der Review erzählen die Stakeholder von ihren Problemen und Ideen, damit das Produkt nach vorn gebracht wird. Der Product Owner schreibt alles feinsäuberlich auf, gießt es ins Backlog, um das Team damit zu versorgen. Das Team selbst leistet Arbeit und rauscht von Iteration zu Iteration. Was ich hier beschrieben habe, ist nicht die ideale Welt von Scrum, sondern der glatt geschliffene Prozess des Frameworks. Eine selbstkonstruierte Komfortzone, in der jede Rolle weiß, was sie zu tun hat, um den Prozess nicht zu stören. Das ist gut. Nichtsdestotrotz schläfert es den Geist ein und lässt keinen Platz für neue Ideen. Bedeutet: Keiner möchte den Prozess stören, keiner möchte weiterdenken als notwendig und alle machen Scrum. Sofern nicht jede Person intrinsisch motiviert ist und sich selbst herausfordert, wird Scrum zu einem statischen Konstrukt und unterliegt keiner Veränderung. Der Prozess macht die Rollen träge und verhindert die vollkommene Entfaltung. Scrum wird zum Monolithen. Wie bricht man etwas auf, das augenscheinlich funktioniert, aber im geistigen Leerlauf endet?
Beobachtungen und Reflexionen – ein nerviges Wunder!
Nimmt sich jemand diesem Leerlauf an (und das sollte aus Beobachtungen und Gesprächen entstehen), fragt sich diese Person: Wie soll ich etwas verändern und anstoßen, das gut funktioniert? Wieso sollte ich mich dem annehmen? Was ist meine Hypothese? Eine Antwort auf diese Frage sind die Reflexion und die Zielsetzung. Scrum Master und Agile Coaches kennen Reflexionen aus der Retrospektive, Workshops oder Feedbackgesprächen, um die Stimmung im Team, der einzelnen Teammitgliedern und weiteren Personen und Personenkreisen zu ermitteln. Doch hier geht es um den Menschen im Prozess und um die Stimmung, die Gesundheit und den Zustand des Prozesses zu. Aus Erfahrung kann ich berichten, dass ein zu reibungsloser Ablauf immer wiederkehrende Aussagen, die sich im Wortlaut gleichen, einen Coach sehr skeptisch machen sollten. Befindet man sich in einem solchen Kreislauf, muss der Mensch betrachtet werden. Hier haben wir eine Wechselwirkung, die wir beachten müssen. Scrum schafft soziale Umgebungen, die sich von der klassischen Hierarchie entfernen, sie aber nicht abschafft. Was kann die beobachtende Person betrachten, sich selbst und andere fragen?
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Wieso wird Scrum eingesetzt?
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Wer hatte den ersten Wunsch nach Scrum?
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Welche Ziele werden mit dem Prozess und Scrum vorgegeben?
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In welchem Bezug steht das Management zu Scrum?
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In welchen Ebenen wurde Scrum eingeführt und wird es durchgeführt?
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Fühlen sich die Menschen von dem Prozess eingeengt?
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Gibt es ein Commitment zu dem Prozess und dem Framework?
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Wie frei ist der Mensch im Prozess?
Die Fragen sollten die selbstaufgestellte Hypothese unterstützen, in diesem Fall wäre es:
„Die Prozesse machen die Menschen träge und zwängen sie zu sehr ein!“
Durch die Beobachtung und Befragung der Personen (und diese sollten aus den unterschiedlichsten Bereichen des Unternehmens kommen), kristallisieren sich Aussagen, mit denen die Person arbeiten kann, heraus. Man hält die Ergebnisse fest, zählt sie aus, formuliert und überbringt sie dem Personenkreis, die sich um Scrum, dem Change Management und der Unternehmenskultur kümmern. Ist man selbst Mitglied eines dieser Bereiche, geht man in den Dialog mit weiteren Mitgliedern, um seine Gedanken über das Problem auszutauschen.
Kummer und Kümmern
Zu diesem Zeitpunkt ist die beobachtende Person zu einem aktiven Mitglied des Problems und auch der Lösung geworden. Ihr habt euch somit dem verpflichtet, etwas zu verändern, indem ihr beobachtet habt und mit den Menschen in Kontakt gekommen seid. Die Kulturschaffenden in einem Unternehmen sind auf euch und eure Ergebnisse sowie die Expertise angewiesen. Das bedeutet, dass ihr mitspielt und mit einem offenen Ohr zuhören müsst, damit die Prozessautomatisierung, der träge Geist, das Abarbeiten der Events und diesem Scrum entgegengewirkt werden kann. Ihr stellt somit die Komfortzone infrage und dies wird Kummer auslösen. Veränderung sind oft nicht gerne gesehen, weil sie mit Arbeit einhergehen. Doch Trägheit und roboterähnlich etwas folgen, wo man schon vor langer Zeit den Sinn und Zweck aus den Augen verloren hat, stößt bei Führungspersonal auf offene Ohren. Es darf nicht vergessen werden, dass die Unternehmensführung sich für Scrum entschieden hat. Eine Auffrischung dessen und die Ergebnissen der Beobachtungen werden eventuell Wellen schlagen und zu einem Umdenken in der Organisation führen. Fortführend werden die Ergebnisse überprüft und weitere Hypothesen aufgestellt. Ihr arbeitet somit an dem Problem aus verschiedenen Perspektiven, um es gänzlich zu beleuchten und zu verstehen. Das ist Arbeit und wird eine Weile dauern. Nicht von heute auf morgen entstehen Kulturen und nicht von heute auf morgen setzten sich Veränderungen, egal welche durch. Problemfindung, Lösungserstellung und Zielsetzung ist ein weiterer Schritt, um den Prozess zu überprüfen und den Menschen in den Fokus zu rücken.
Fazit:
Ja, ihr macht Scrum. Wir machen Scrum. Doch tun wir es noch, wie wir vorhatten, es zu tun? Rauchen die Köpfe noch vor Ideen und wollen die Leute das Beste aus sich herausholen und in dem Framework arbeiten? Oder sind es Roboter, die auf ihren Befehl warten zu der Review, der Retrospektive und dem Planning zu kommen? Dies gilt es herauszufinden und wenn es so ist, dann habt keine Angst. Durch Beobachtungen und Befragungen werdet ihr euer Scrum und eure Perspektive auf das Framework ändern. Zu einem besseren.